Die Musikanten

 

Meine Schwester spielt recht gut Geige und hat sich mit einem befreundeten Musiker aus ihrem Orchester vor einem Behindertenheim aufgestellt, um im Duett einige launige Songs zu spielen: Komm lieber Mai und mache, Veronika, der Lenz ist da, Die Gedanken sind frei…

 

Irgendwann streckte jemand den Kopf aus dem Fenster und rief, wenn jetzt nicht bald etwas von ACDC gespielt würde, dann wolle er nicht mehr zuhören. Ein anderer wünschte sich etwas von Nicole: Ein bisschen Frieden.

 

Der Orchesterkollege meiner Schwester stöhnte auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Wir müssen doch unser Niveau halten!“, jammerte er. Meine Schwester ermunterte ihn aber, weiterzumachen und wies ihn darauf hin, dass die Geschmäcker in der Musik eben verschieden seien.

 

Die Zuhörenden erwiesen sich nur zum Teil als Fans des neuen Musikduos, waren aber von der Unterhaltung insgesamt angetan. Ein bisschen, sagte meine Schwester, war es, als würde man vor einem Knast spielen. Denn keiner von denen durfte vor die Tür treten. Sie und ihr Musikerfreund wollen ihre musikalischen Einsätze für die kulturelle Unterhaltung ihrer Mitmenschen in nächster Zeit fortsetzen und auch vor Altersheimen und anderen Einrichtungen auftreten.

 

Von Dorothee für alle Musiker (Ihr seid wunderbar.)

 (entstanden: Frühjahr 2020)