Kirschen

Die täglich zu erledigenden Dinge können bekanntlich stressig sein. Zwischen Kinderversorgung und Arbeit, sowie sonstigen Terminen gibt es wenig Spielraum und man fühlt sich oft auf den Weg zur KITA getrieben. Wenn dies aus Zeit- und/oder Weggründen mit dem Auto erfolgen muss und die Parkmöglichkeiten begrenzt sind, vermindert dies den Stresszustand leider nicht.

 

In einer solch gehetzten Situation holte ich meine Jungs an einem heißen Sommertag vom Kindergarten ab. Zum Glück fand ich zuvor einen Parkplatz in der Nähe. Allerdings auf einer markierten Parkbucht auf der Straße. So musste ich nun die Jungs von beiden Seiten in die Sitze klettern lassen. Zwecks Anschnallen konnte ich logischerweise nicht vermeiden, dass ich durch die halb geöffnete Tür die Straßenseite länger blockieren musste. Natürlich tauchte auch schon bald ein Auto hinter mir auf, dessen Fahrbahn ich nun in Beschlag nahm.  

 

Während ich meinen Kleinen in den Sitz hieve, schiele ich durch das Rückfenster und erkenne einen protzigen BMW Cabrio-Schlitten. „Oje, der macht sicher Stress… 100 Prozent macht DER jetzt Stress.“  Mein Puls steigt schlagartig. Warum klemmt denn jetzt der Gurt? Das Cabrio bleibt nun hinter mir stehen. Ich erkenne einen männlichen Fahrer, bevor ich mich wieder meinem akuten Problem zuwende. Der dominant tuckernde Motorsound nervt! Vergeblich versuche ich, den Gurt in die Schnalle zu pressen. Meine Gedanken rasen: „Wenn der jetzt was Dummes sagt, flippe ich aus!“ Der ganze Tag war bis jetzt schon stressig genug. Ich werde immer gereizter. Endlich! Die Schnalle klackt. Den Gurt fest nachziehen. Seitlich aus dem Auto wieder herausschälen. In mir brodelt’s: „Nur ein falsches Wort von dem Typ und ich…“ Ich schließe die Autotür und guck ihn (schon fast provokant) an - in der Erwartung, dass jetzt ein blöder Kommentar von ihm kommt. Und er sagt:

 

„Kirschen? Für die Jungs?“ und reicht mir ein kleines Schälchen voller roter, süßer Früchte. Ich bin so baff und muss mich erstmal wieder sammeln. Dankend nehme ich mir ein paar Kirschen heraus und gebe es meinen Jungs. „Möchte die Mama auch eine Kirsche?“ „Nein, Vielen Dank. Das ist sehr nett.“ „Na dann. Noch einen schönen Tag.“  lacht er und fährt an mir vorbei.

 

„Siehst Du? Du denkst immer so negativ… Nicht alle sind bösartig…“ denke ich bei mir. Das hat mich sehr gefreut. Dieses Erlebnis werde ich nie vergessen.

 

 Von Wiebke

 (entstanden „vor Corona“)