Der Maler

An einem heißen Tag im Juli 2020 saß ich auf meiner Bank vor dem Haus, als ein Mann mit Koffern auf der gegenüber liegenden Straßenseite ankam und sein Gepäck abstellte. Nichts Bemerkenswertes, denn da drüben ist ja die Bushaltestelle.

 

Als der Mann jedoch seinen Arm ausstreckte und immer wieder mich und das Haus über den Daumen anpeilte, wurde ich aufmerksam und neugierig. Er stellte schließlich eine Staffelei auf dem Fußweg, peilte wieder und wieder rüber, schob die Staffelei hin und her und schien endlich zufrieden zu sein. Dann stellte er Töpfchen und Näpfchen auf den Fußweg, schaute nochmals rüber zu mir und begann zu arbeiten. Aha, ein Kunstmaler!

 

Die Neugier trieb mich über die Straße. Der Mann stellte sich höflich vor und fragte, ob er das Haus malen dürfe und zeigte mir Proben seiner Arbeiten. Keine Einwände meinerseits. Warum auch? Ich schaute rüber auf mein Haus. In das alte Schmuckstück mit Reetdach hatte ich mich selbst vor einigen Jahren verliebt, so dass ich es einfach kaufen musste. Mitten in einer Siedlung strahlt es eine besondere Ruhe und Beständigkeit aus. Wir kamen ins Gespräch. Ich fragte unter anderem, ob ich drüben auf der Bank störe. Keinesfalls, antwortete er, ich sei sogar ein wünschenswertes Detail im entstehenden Gemälde.

 

So geschah‘s! Ich wurde in Öl konserviert. Keine Mona Lisa zwar. Aber immerhin. Man fängt ja klein an…

  

von K. Kummer